Hybridtechnik vs. klassische Wurzelkanalaufbereitung, eine klinische Studie
Zusammenfassung der Dissertation
Die Zahnmedizin hat sich in den letzten Jahren deutlich gewandelt. Lag der Schwerpunkt früher auf dem optimalen Ersatz fehlender Zähne, so steht heute die Erhaltung der natürlichen Zähne im Vordergrund. Diesem Ziel dienen aktuelle Konzepte zur Vorbeugung und substanzschonenden Reparatur. Der Endodontologie wird man in diesem Zusammenhang einen besonderen Stellenwert zumessen, bietet sie doch die letzte Möglichkeit, erkrankte Zähne zu erhalten.
In der Folge dieser Entwicklung machen endodontische Behandlungen einen zunehmend größeren Anteil im Praxisalltag aus. Die wissenschaftliche Forschung und industrielle Entwicklung versuchen gleichzeitig Konzepte zu entwickeln, die Zeit sparen und das Behandlungsspektrum erweitern.
Unverändert hingegen ist das Ziel der Wurzelkanalbehandlung geblieben und damit auch die Faktoren, die über die Prognose entscheiden:
- Möglichst vollständige Reinigung und Desinfektion
- Ein dichter Verschluss, der den Raum verbliebener Keime einschränkt und den Zutritt neuer Bakterien über die Zahnkrone verhindert.
Für die Reinigung und Desinfektion des Wurzelkanals sind verschiedene Methoden bekannt. Das in der Praxis am häufigsten benutzte Verfahren besteht jedoch in einer mechanischen Erweiterung der Kanäle und der chemischen Desintegration organischer Anteile (chemo-mechanisches Konzept). Gerade die mechanische Erweiterung der Wurzelkanäle ist jedoch ein durchaus komplexer Prozess, bei dem es leicht zu Veränderungen der ursprünglichen Geometrie kommen kann.
In der Folge ergibt sich eine unzureichende Reinigung des Kanalsystems, Transposition von Bakterien und sogar Wurzelperforationen sind möglich. Von den drei – eigentlich unvereinbaren – Eigenschaften eines idealen Aufbereitungsinstruments (Zähigkeit, Härte und Flexibilität), fehlt es der klassischen Stahlfeile eher an Flexibilität, der Nickel-Titan-Feile an Härte. Damit neigt die Stahlfeile, insbesondere mit steigender ISO-Größe, zu einer Begradigung gekrümmter Kanalstrukturen, während die Nickel-Titan-Feile geringere Schneidleistung zeigt, die sich jedoch mit maschinellem Antrieb kompensieren lässt. Gerne werden heute so genannte Hybridkonzepte diskutiert, die in verschiedener Weise Stahl- und Nickel-Titan-Feilen kombinieren.
Ziel dieser Arbeit war es, ein solches Hybridkonzept mit der klassischen Aufbereitung durch Stahlfeilen zu vergleichen. 30 Wurzelkanäle mit hohem Schwierigkeitsgrad, die in der Spezialpraxis für Endodontie von Dr. M. Chiperi behandelt worden waren, wurden mit 30 Wurzelkanälen geringen Schwierigkeitsgrades verglichen, die Münchner Studenten im letzten Studiensemester behandelt hatten.
Die Wurzelkanäle in jeder Gruppe wurden zunächst nach ihrem Schwierigkeitsgrad, beurteilt aus einer orthograden Röntgenaufnahme, klassifiziert. Nach abgeschlossener Behandlung konnten in der Kontroll-Röntgenaufnahme die Länge der Füllung im Vergleich zur anatomischen Kanallänge, der kontinuierliche Taper, die Beibehaltung der Apexposition und die Densität der anschließenden Wurzelfüllung vergleichend bewertet werden. Unmittelbar nach der Behandlung wurden die Perkussionsempfindlichkeit des Zahnes und eine eventuelle Schwellung als Wertungsparameter herangezogen.
Obwohl die in der Spezialpraxis mittels Hybridtechnik aufbereiteten Kanäle höhere Schwierigkeitsgrade aufwiesen, zeigten sie in der Kontroll-Röntgenaufnahme hoch signifikant bessere Qualitätsparameter im Vergleich zur klassischen Aufbereitung. Eine postoperative Druckempfindlichkeit der behandelten Zähne trat in der Hybridgruppe ebenfalls signifikant seltener auf.
Der Unterschied in der Vorbildung der Behandler wurde weitgehend kompensiert durch den unterschiedlichen Schwierigkeitsgrad der Kanalgeometrien. Damit lassen die Ergebnisse der Arbeit den Schluss zu, dass neue Aufbereitungskonzepte der Kanalgeometrie besser folgen können, als der alleinige Einsatz von Stahlfeilen.